Psychotherapie Kostenerstattung
Unzumutbar lange Wartezeiten bei Kassentherapeut*innen sind ein Systemversagen und ermöglichen es Kassenpatienten, sich selbst Behandlungsalternativen zu suchen und die Übernahme der für diese Behandlung anfallenden Kosten vorab bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse zu beantragen: Die Nutzung des sogenannten Kostenerstattungsverfahrens ist seit den Neuregelungen durch die neue Psychotherapie-Richtlinie von 2017 nach wie vor möglich und wird ähnlich gehandhabt wie bisher.
Neu und wichtig für den Erfolg des Antrags auf Kostenerstattung ist, dass ein Patient vor Beginn einer Psychotherapie bei einer psychotherapeutischen Sprechstunde gewesen sein muss.
Die folgenden rechtlichen Hintergrundinformationen klingen erst einmal ziemlich bürokratisch, aber mit den anschließenden Tipps und Hinweisen sowie der Unterstützung des Psychotherapeuten, bei dem die Behandlung stattfinden soll, ist der Antragsprozess in den meisten Fällen gut zu bewältigen.
Wichtig zu wissen ist auch, dass den gesetzlich Versicherten über das Kostenerstattungsverfahren hinsichtlich der Behandlungsqualität keine Nachteile entstehen. Vielmehr erhalten sie die gleichen Behandlungsmethoden von identisch qualifizierten approbierten Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeuten (ohne sogenannten Kassensitz), wie wenn sie einen Therapieplatz bei einem Psychotherapeuten mit Kassensitz, der direkt mit den GKVen abrechnen kann, gefunden hätten.
Hinsichtlich der Behandlungskosten entstehen den Versicherten in der Regel auch keine finanziellen Nachteile. Allerdings ist es empfehlenswert, sich bei potenziell in Frage kommenden Psychotherapeuten vor der Sprechstunde oder dem Erstgespräch nach den finanziellen Bedingungen einer Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren zu erkundigen, da einige Anbieter das Erstgespräch berechnen oder einen höheren als den erstattungsfähigen Satz abrechnen.
Grundsätzlich müssen gesetzliche Krankenkassen (GKV) eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung ihrer Versicherten gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie rechtzeitig für die notwendige Behandlung ihrer Versicherten sorgen.
Falls Sie trotz angemessener Suchaktivitäten bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten nur nach einer unzumutbar langen Wartezeit einen Therapieplatz finden, ist Ihre GKV nicht in der Lage, diesen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. In diesen Fällen haben Sie das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Die Kosten, die Ihnen durch diese selbst beschafften Leistungen entstehen, muss die GKV erstatten. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB V gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen GKVen.
Generell gilt in diesem Zusammenhang allerdings, dass der Patient beim Kostenerstattungsverfahren belegen muss, dass er sich vergeblich bemüht hat, einen Therapieplatz bei einem niedergelassenen Therapeuten mit Kassensitz zu finden. Dazu sollte er Anrufe und Absagen bei einer bestimmten Zahl von Therapeuten schriftlich dokumentieren.
Günstig ist es, wenn der Patient zudem nachweisen kann, dass er sich auch an die Termin-Servicestellen gewandt hat und diese ihm keinen zeitnahen Termin für eine Sprechstunde vermitteln konnten. Auch hier sollte er Absagen in einem Telefonprotokoll festhalten bzw. das Schreiben der Termin-Servicestelle beilegen.
Mittlerweile verweist eine zunehmende Zahl von Krankenkassen für den erforderlichen "Nachweis des Systemversagens", also das Sammeln von Absagen, explizit an die Termin-Servicestellen. D.h. diese Krankenkassen machen es für die Bewilligung des Antrags mehr oder weniger zur Bedingung, dass die Termin-Servicestellen wiederholt (ca. 5 Mal) nicht in der Lage waren, dem Hilfesuchenden unter zumutbaren Bedingungen einen adäquaten Therapieplatz zu vermitteln.
Ein Problem der geschilderten Vorgehensweise war und ist, dass es keine eindeutige rechtliche Regelung gibt, unter welchen Bedingungen eine Krankenkasse eine Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren bewilligen muss.
Außerdem gibt es kein standardisiertes Verfahren für die Beantragung. Daher ist es in jedem Fall ratsam, sich zunächst bei der eigenen Krankenkasse zu erkundigen, welche Vorgaben bei ihr für das Kostenerstattungsverfahren gelten.
Vielmehr gilt das Prinzip der Einzelfallentscheidung.
Tipp: Fragen Sie vorab Ihre gesetzliche Krankenkasse nach dem bei der Psychotherapeutensuche im Rahmen der Kostenerstattung "gewünschten" Vorgehen, um nachträglich eine "unliebsame" Überraschung zu vermeiden.
Insgesamt zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass die Krankenkassen Anträge auf Kostenerstattung häufig ablehnen. Patienten können in diesem Fall Widerspruch einlegen.
Bisher war es beim Kostenerstattungsverfahren wichtig, die Dringlichkeit einer Psychotherapie vom Hausarzt oder einem Facharzt für Psychiatrie bestätigen zu lassen – etwa durch eine Dringlichkeitsbescheinigung mit der Formulierung, dass eine Psychotherapie umgehend geboten sei, um eine Verschlechterung der Symptome zu verhindern.
Die neue Rechtslage seit Einführung der neuen Psychotherapie-Richtlinie im Jahr 2017 besagt, dass vor dem Neu-Beginn einer Psychotherapie eine psychotherapeutische Sprechstunde aufgesucht werden muss. Diese Grundvoraussetzung gilt auch, wenn für die Behandlung eine Kostenerstattung beantragt werden muss. Es sei denn der Klient ist innerhalb der vergangenen 12 Monate wegen einer psychischen Erkrankung bereits stationär behandelt worden
Im Rahmen der Sprechstunde füllt der Therapeut ein Formular (PTV-11) aus, in dem bereits eine Verdachtsdiagnose gestellt wird. Zudem enthält das Formular einen vorläufigen Befundbericht und eine Empfehlung für die Art der Behandlung (z. B. Akutbehandlung, reguläre ambulante Psychotherapie oder stationäre Behandlung). Im Freitext kann der Therapeut außerdem die maximal zumutbare Wartezeit und eine sinnvolle Frequenz der Therapie angeben, um deutlich zu machen, dass eine zeitnahe, regelmäßige Behandlung notwendig ist.
Bisher wird nicht von allen Krankenkassen gefordert, dass für das Kostenerstattungsverfahren eine vorläufige Diagnose vorliegen muss. Allerdings erhöht es vermutlich die Chancen auf eine Bewilligung, wenn der Patient bei einer psychotherapeutischen Sprechstunde war und dem Antrag auf Kostenerstattung ein PTV-11-Formular (mit einer vorläufigen Diagnose und fachlichen Empfehlungen für die Behandlung) beigelegt werden kann.
In der Therapeutensuche von therapie.de finden Sie die Therapeut*innen, die eine psychotherapeutische Sprechstunde anbieten am schnellsten, wenn Sie unter "Abrechnung" den Filter "GKV: Kassenzulassung" setzen.
Wie erwähnt, sollte man sich am besten zunächst bei der eigenen Krankenkasse erkundigen, welche Nachweise sie bei einem Antrag auf Kostenerstattung verlangt.
Folgende konkrete Tipps zum Vorgehen bei der Antragstellung gibt die Bundespsychotherapeutenkammer, damit die GKV die Kosten übernimmt:
Für die Inanspruchnahme dieses sogenannten Kostenerstattungsverfahrens gelten klare Spielregeln, die Sie und Ihr Psychotherapeut unbedingt beachten sollten, um letztendlich nicht doch die Kosten selbst tragen zu müssen:
Ebenfalls nützliche Informationen beinhalten die Informationen zur "Kostenerstattung nach §13 Abs. 3 SGB V" der Psychotherapeutenkammer NRW.
Um auf therapie.de eingetragene Psychotherapeuten, die über das Kostenerstattungsverfahren abrechnen, zu finden, wählen Sie bitte in der Psychotherapeutensuche von therapie.de im Dropdown-Menü "Abrechnung" den Punkt "GKV im Kostenerstattungsverfahren" aus.
https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/wichtigste-fragen/psychotherapie-kostenerstattung/